19. – 26. Januar 2011
Sehr früh am Morgen werden wir im Taxi zum Busbahnhof gefahren. Es ist kalt und neblig. Als es dämmert, können wir in den Bus einsteigen. Unsere Rucksäcke liegen hinter der Rückbank, wir haben die Plätze 1,2 und 3. Als sich der Bus in Bewegung setzt beginnt es über meinem Kopf an zu tropfen. Der Schaffner zuckt mit den Schultern, ich lege eine Plastiktüte über meine Hose und hoffe, dass es irgendwann aufhört. Das tut es als es wärmer wird und sich der Nebel gelegt hat. Doch zunächst wird die Suppe dicker, man sieht die Hand vor Augen nicht – der Schaffner hängt aus der Tür und ruft Warnungen in den Morgen. Langsam und vorsichtig kommen wir voran. Plötzlich sehen wir große Sprünge in der linken Vorderscheibe. Die Scheibe reißt. In einem Dorf kauft der Schaffner eine Rolle Klebeband und sichert die Scheibe damit.
Jenseits der Ausläufer von Yangon und vor Pathein gibt es Kontrollstellen, an denen unsere Pässe kontrolliert werden. In Pathein halten wir direkt neben einer Starfighter Airbase, sehen diese Kriegsmaschinen starten und landen. Das lokale Essen ist lecker und unglaublich preiswert. Nach dem Essen teilt der Schaffner Plastiktüten aus. Betel erzeugt einen starken blutroten Speichelfluss. Auf den Boden spuckt hier keiner. Die roten Beutel sehen im Lauf der Reise aus wie degenerierte Blutkonserven. Nicht wirklich lecker. Von Pathein aus fahren wir durch die Berge. Schaukelnd schraubt sich unser Bus auf der schmalen Straße in die Höhe. Es ist jetzt sehr warm und staubig. Zwei Stunden später lassen wir die Berge hinter uns und halten mitten im Dorf Ngwe Saung.
Wir hatten zwar ein Hotel ausgesucht, aber kein Zimmer vorbestellt. Durch Zufall treffen wir den Manager des Resorts am Busbahnhof. Es gibt noch ein Zimmer für eine Nacht. Ein weiteres für zwei. Und wir wollten doch eine Woche bleiben. Erst mal fahren wir hin. 15 Minuten dauert die Fahrt mit der Fahrradrikscha zum 4km entfernten Resort. Es ist brütend heiß und wir sind froh uns gegen das Laufen entschieden zu haben. Unsere Fahrer schwitzen und müssen bei jedem kleinen Ansteigen der Straße in den Pedalen stehen. Einmal werde ich sogar rennend geschoben.
Der Strand und das Resort sind wunderschön. Es gibt Bambushütten, Holz- und Betonbungalows mit unterschiedlicher Ausstattung. Strom wird von einem Generator erzeugt, von Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang. Julia bezieht eine Bambushütte mit himmelblauen Vorhängen in den Fenstern, wir haben eine Teakholzhütte. Es wird uns tatsächlich gelingen eine Woche hier zu verbringen. Allerdings ziehen wir fast jeden Tag um und lernen alle Haustypen kennen. Das ist lustig und beschert jeden Tag neue Handtücher und frische Bettwäsche.
Wir haben hier keine Pläne und nur die Mahlzeiten strukturieren unseren Tag. Vor dem Frühstück übt Julia TaiChi, Robert und ich laufen wieder. Der Strand scheint endlos und eignet sich gut dazu. Nach dem Frühstück genießen wir die Sonne, das Baden und Wellensurfen. Zwei Masseure bieten traditionelle Massage an. Zum Essen gibt es im wesentlichen Seafood. Fisch und Krabben in jeder Zubereitung. Abwechslung bieten Pancake zum Frühstück oder frittierte Cashewkerne oder Pommes zum Mittagessen.
Essen mit Gesicht ist ja nicht unbedingt Roberts Sache und so bestellen wir ‚Fish and Chip‘ in der Hoffnung Filetstücken und Pommes zu erhalten. Weit gefehlt. Als das Essen kommt fallen uns bald die Augen aus. Ein Snapper, oben geöffnet und mit frischem Gemüse gefüllt guckt uns mit bösen Augen und gefletschten Zähnen an. ‚Fisch and Ship‘, nicht ‚Fish and Chips‘.
Mit den vielen Umzügen wird Julia unsere Zimmergenossin. Und Skatpartnerin. Die Wartezeiten vor dem Essen und die Stunde vor dem Schlafengehen wird gezockt. Und wer gewinnt? Skatneuling Julia.
Der Strand geht nach Westen und so haben wir jeden Abend einen wundervollen Sonnenuntergang. Kein Dunst, keine Wolke behindert das direkte Eintauchen des roten Balls in die bengalische See. Unser Resort ist zwar permanent ausgebucht, dennoch wirkt dieser Traumstrand beinahe leer. Überwiegend deutsche Paare und Familien machen hier Urlaub. Viele Resorts wurden beim Taifun 2008 zerstört. Wir sehen ein paar Ruinen, die schöne Anlagen vermuten lassen. Der überwiegende Teil ist aber seither komplett neu gebaut. Kilometerlang folgt Resort auf Resort, alle doppelt so teuer als unseres und alle leer. Offensichtlich, meint der Manager unseres Hotels, müssen die Inhaber kein Geld verdienen. Es seien allesamt sehr reiche Leute. Unser Hotel ist das einzig verbliebene Budget-Hotel. Die beiden anderen mussten wegen Unstimmigkeiten mit dem Grundeigentümer schließen. Unser Hotel gehört der Tochter eines hohen Generals. Wir gehen davon aus, dass die Filets Myanmars längst verteilt und in den Händen der Mächtigen sind.
Nach einer Woche fahren wir mit dem Bus zurück nach Yangon. Abfahrt ist um 6:30 Uhr. Der Transfer vom Hotel erfolgt auf dem Rücksitz eines Motorrads. Meinen Rucksack hat der Fahrer zwischen den Beinen. Schon vorher sterbe ich bei der Vorstellung tausend Tode. Die Wirklichkeit ist dann entspannter. Es ist noch dunkel, sehr neblig, feuchte Fetzen wehen mir ins Gesicht und mein Driver fährt wirklich vorsichtig. Das ist auch nötig, denn um diese Zeit gibt es auch jede Menge unbeleuchteten Verkehr: Fußgänger, Holzkarren, Fahrradfahrer und Rikschas. Am Busbahnhof, der eher einem kleinen Café in der Dorfmitte ähnelt, bleibt noch Zeit für einen Tee, bevor wir in den Bus steigen und dem Morgenrot entgegen fahren.